Der Bambuszug in Battambang und Geschichtsunterricht in Phnomh Penh
13 12 2012In Battambang beginnt die Eisenbahnstrecke zur Hauptstadt Kambodschas, Phnom Penh. Ursprünglich gab es sogar eine Strecke von Bangkok nach Phnom Penh, doch die Gleise wurden von den Roten Khmer in den 70er Jahren zerstört. Auch zwischen Battambang und Phnom Penh verkehrt nur 1x die Woche ein sehr alter und unglaublich langsamer Zug, der für die Strecke 12 Stunden oder länger braucht, während der Bus nur 5 Stunden benötigt. Die kleinen Dörfer an den Gleisen konnten sich somit nicht auf den Schienenverkehr verlassen und wurden erfinderisch, um trotzdem ihre Waren nach Battambang bringen zu können. Sie erfanden den Bambuszug! Aus Bambus wird eine Art Floss gezimmert, dass auf Rollen aufgesteckt wird und dann auf die Schiene kommt. Den Antrieb gibt ein kleiner Motor. Fertig!
Das wollten wir natürlich mal ausprobieren und fuhren mit dem Tuk Tuk zum Startpunkt des Bambuszugs. Wir nahmen Platz auf der Plattform und los ging’s mit bis zu 40km/h.
Da es nur eine Schiene gibt, muss immer auf den Gegenverkehr geachtet werden. Kommt ein anderer Bambuszug entgegen, steigt man ab und der ganze Zug wird kurz abgebaut und neben die Schienen gelegt, damit das andere Gefährt passieren kann. Echt lustig das Ganze.
Endpunkt ist dann ein kleines Dorf an den Gleisen, welches bei uns jedoch einen sehr faden Beigeschmack behalten hat. Alle Einwohner dort haben sich auf die Touristen eingestellt und wollen ihnen das Geld aus der Tasche ziehen. Die Kinder wollen dir eine Reisfabrik zeigen und danach halten sie die Hand auf und wollen Geld. Sind sie erst noch fröhlich und plappern drauf los, verlegen sie sich später aufs Betteln. “1 Dollar please Mister” haben sie sehr gut drauf. Wie schon den bettelnden Kindern in Angkor Wat, erklärten wir ihnen, dass wir Kindern kein Geld geben und dass sie lieber in die Schule gehen sollen. Das hilft diesen Kindern natürlich nichts, denn sie bleiben arm. Aber wenn alle Touristen den Kindern nichts mehr geben, würden die Eltern einsehen, dass es nichts bringt und die Kinder hoffentlich in die Schule schicken. Diese ist in Kambodscha nämlich kostenlos, anders als manche Kinder einen glauben lassen wollen.
Da Battambang sonst nicht viel bietet und uns auch nicht wirklich gut gefiel, fuhren wir am nächsten Tag direkt in die Hauptstadt Phnom Penh weiter. Da wir hier unser Visum für Thailand beantragten, welches 4 Tage dauert, mussten wir einige Zeit hier verbringen.
Einen Tag widmeten wir komplett der traurigen Vergangenheit Kambodschas. Zwischen 1975 und 1979 lebten die Kambodschaner drei Jahre, acht Monate und 20 Tage unter der Schreckensherrschaft der Roten Khmer und ihres Anführer Pol Pot. Es ist kaum vorstellbar, was damals hier passierte. Die Roten Khmer wollten einen sozialistischen Bauernstaat errichten. Nach der Eroberung Phnom Penhs wurde die Stadt komplett leergeräumt und die ganze Bevölkerung wurde aufs Land vertrieben. Alles, was mit Bildung zu tun hatte, wurde abgeschafft. Es gab keine Schulen, und keine Krankenhäuser, Religion und Geld als Zahlungsmittel wurden abgeschafft. Die Menschen verloren alle ihre individuellen Rechte, bekamen Einheitskleidung und mussten wie Sklaven den ganzen Tag auf den Feldern arbeiten. Alle gebildeten Menschen wurden umgebracht: Ärzte, Lehrer und andere Studierte. Schon wenn man eine Fremdsprache sprach oder nur eine Brille trug, galt man als gebildet und wurde exekutiert. Insgesamt fielen dem Regime mindestens 2 Millionen Kambodschaner zum Opfer, was damals etwa ein Drittel der gesamten Bevölkerung ausmachte! Es ist unglaublich, dass vor gerade mal 35 Jahren dies hier passierte. Alle älteren Menschen, die wir hier sehen, haben dies live erlebt. Sehr empfehlenswert zu diesem Thema ist das Buch “Der weite Weg der Hoffnung” von Loung Ung, ein Augenzeugenbericht eines Mädchens von dieser Zeit.
Das Traurige ist, dass den Kriegsverbrechern nie der Prozess gemacht wurde. Nein, es war noch schlimmer: Die westlichen Nationen, darunter Deutschland, haben die Roten Khmer sogar anerkannt und ihnen einen Sitz bei den Vereinten Nationen zuerkannt. Und das nur, weil man gegen Vietnam war, welche 1979 in Kambodscha einmarschierten und die Menschen vor den Roten Khmer retteten. Bis 2006 musste sich niemand der Roten Khmer verantworten. Pol Pot lebte sein Leben einfach weiter und starb 1998 ohne jemals angeklagt worden zu sein! Kambodscha konnte so niemals mit dieser Sache abschließen oder sie aufarbeiten. Die Prozesse der 5 noch lebenden Roten Khmer laufen immer noch, ohne zu einer Verurteilung gekommen zu sein… .
In Phnom Penh wurden zwei Mahnmale errichtet. Das ehemalige Foltergefängnis der Roten Khmer, wo zehntausende angebliche Regimegegner (darunter ganze Familien mit Kleinkindern) gefangen gehalten wurden, ist heute ein Museum. Vor den Roten Khmer war das Gefängnis eine Schule. Die Klassenzimmer wurden zu Gefängniszellen umfunktioniert. Es ist sehr erschreckend dies zu sehen und auch über die grausamen Foltermethoden zu erfahren. Diese Details werden wir hier nicht näher ausführen.
Das zweite Mahnmal sind die sogenannten Killing Fields, 12km vor der Stadt. Hier wurden die Gefangenen hin deportiert, um exekutiert und in Massengräbern verscharrt zu werden. Man bekommt hier einen sehr guten Audio Guide (auch auf deutsch), mit dem man einen Rundgang über das Gelände machen kann und alles erklärt bekommt. Da Munition sehr teuer war, wurden die Menschen nicht erschossen, sondern mit Eisenstangen oder Äxten zu Tode geschlagen. Es wurde ein Gedenkstupa errichtet, worin die gefunden Schädel und andere Knochen sowie die gefundene Kleidung aufbewahrt werden.
Das alles ist sehr bedrückend und man kann nicht verstehen, wie immer wieder so etwas auf der Welt passieren kann und ein paar kranke Leute das eigene Volk niedermetzeln.
Viele Grüße aus Phnom Penh,
Janine & Marcel
Die weiteren Fotos gibt’s hier.
Kategorien : 14-Kambodscha